In tiefer Trauer nehmen wir Abschied von Judith Bernstein

Mit großer Betroffenheit nimmt die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München Abschied von Judith Bernstein, die über Jahrzehnte hinweg eine unserer prägendsten Stimmen, eine unermüdliche Brückenbauerin und eine moralische Orientierung war. Ihr Tod hinterlässt eine Lücke, die wir schmerzlich spüren – in unserer Arbeit, in unseren Diskussionen und in der gesamten Friedensbewegung.

Eine Stimme, die weit über München hinaus Gehör fand

Judith Bernsteins Wort hatte Gewicht. Sie sprach klar, furchtlos und gewaltfrei – und sie wurde gehört. Weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus war sie eine gefragte Gesprächspartnerin, eine öffentliche Stimme für Menschenrechte, für internationale Verantwortung und für eine Politik der Verständigung zwischen Israelis und Palästinensern.
Viele Menschen im deutschsprachigen Raum haben Judith nicht nur als Aktivistin wahrgenommen, sondern als moralische Instanz: eine Frau, die hinschaute, nachfragte und Widersprüche offenlegte. Sie tat dies immer mit dem Ziel, Gewalt und Ungerechtigkeit zu verringern – nie, um Menschen bloßzustellen oder zu verurteilen. Eines ihrer Leitmotive, das sie mit ruhiger, aber unerschütterlicher Entschiedenheit immer wieder ausgesprochen hat, war:

„Auschwitz kann kein Freibrief für Menschenrechtsverletzungen sein.“

Dieser Satz war für sie nicht nur eine Mahnung, sondern Ausdruck eines tiefen humanistischen Verständnisses: Der Holocaust verpflichtet uns, wachsam zu bleiben – nicht nur gegenüber Antisemitismus, sondern gegenüber jeder Form von Entrechtung, Unterdrückung und staatlicher Gewalt. Für Judith galten Menschenrechte stets universal und unteilbar.

Brücken bauen, wo andere Mauern sehen

Judith besaß eine seltene Fähigkeit: Sie konnte kritisieren, ohne zu verletzen – und zuhören, ohne sich vereinnahmen zu lassen. In unserer Dialoggruppe war sie jemand, der Spannungen nicht scheute, sondern aktiv aufsuchte. Sie glaubte fest daran, dass Begegnung der einzige Weg ist, Verhärtungen zu lösen.
Dabei brachte sie ihre eigene Lebensgeschichte ein: als in Jerusalem geborene Jüdin, als politisch engagierte Bürgerin Münchens, als jemand, der gleichzeitig emotional und analytisch denken konnte. Wer mit ihr sprach, merkte schnell, wie tief ihr Wissen über die Geschichte und Politik des Nahen Ostens war. Aber ebenso spürte man ihre Empathie für menschliche Schicksale – Juden wie Palästinenser.
Sie sagte oft, Dialog sei kein Wohlfühlprojekt, sondern ein mühsamer, konfliktreicher Prozess. Doch genau deshalb sei er unverzichtbar.

Zivilcourage in schwierigen Zeiten

Judith scheute sich nie, Position zu beziehen – gerade dann, wenn gesellschaftliche Stimmungslagen von Angst, Vorurteilen oder Vereinfachungen geprägt waren. Sie hielt den Druck aus, den man auf Menschen ausübt, die der Mehrheitsmeinung widersprechen. Sie hielt Anfeindungen aus, auch die vielen öffentlichen. Und sie hielt daran fest, dass Meinungsfreiheit und offene Diskussion Grundbedingungen einer funktionierenden Demokratie sind.
Viele von uns erinnern sich an Veranstaltungen, in denen ihre ruhige Stimme den Raum veränderte: weil sie präzise formulierte, weil sie die historische Dimension nicht vergaß, und weil sie trotz aller Härten des Themas an die Möglichkeit gerechter Lösungen glaubte.

Ein Leben im Dienst der Erinnerung und der Zukunft

Neben ihrem Engagement für Frieden setzte Judith sich intensiv für Erinnerungskultur ein. In München wirkte sie an Projekten wie den Stolpersteinen mit, und sie erinnerte immer wieder daran, dass Erinnern nie statisch sein darf. Für sie war Erinnern ein aktiver moralischer Prozess – eine Verantwortung, die gegenwärtiges Handeln leitet.
Ihre Arbeit in Netzwerken der Friedenspolitik – gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann Reiner Bernstein ebenso wie an der Seite vieler Mitstreiterinnen und Mitstreiter – trug dazu bei, dass alternative Stimmen im Nahostdiskurs sichtbar blieben. Judith glaubte fest daran, dass auch kleine Schritte des Dialogs langfristig Wirkung entfalten.

Ihr Vermächtnis

Judith Bernstein war eine unersetzliche Stimme in unserer Gruppe, eine kritische Denkerin, eine menschliche Wegbegleiterin. Sie hat uns gelehrt, mutiger zu sein, genauer hinzusehen, Fragen hartnäckiger zu stellen – und gleichzeitig nie den Menschen hinter der politischen Position aus dem Blick zu verlieren.

Wir trauern um eine Freundin, um eine Visionärin.
Wir trauern um eine Frau, die uns – und viele andere – gelehrt hat, was es bedeutet, für Frieden zu arbeiten, auch wenn der Weg dorthin lang ist.

Unsere Gedanken sind bei ihrer Familie und allen, die mit ihr verbunden waren.

Ihre Stimme wird uns fehlen.
Ihr Vermächtnis wird weiterwirken.
Und wir werden unseren Dialog in ihrem Sinne fortführen.

Kundgebung "Waffenlieferungen an Israel? Nicht in meinem Namen!", 29.11.2025

Kundgebung 29. November 2025, 16 Uhr, Gärtnerplatz

„Waffenlieferungen an Israel? Nicht in meinem Namen!“

Eine Kundgebung mit Poesie, Musik und Reden 

u.a. von

Michael Barenboim

Amir Ali, BDS / Bundestag 3 für Palästina (BT3P)

Baladi Band

Einige Schilder stehen bereit. 

Die Kundgebung wird organisiert von:
Amnesty International Deutschland Bezirk München & Oberbayern,
DFG-VK Landesverband Bayern,
Die Linke Kreisverband München,
Frauen in Schwarz (München),
Fridays for Future München, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Stadtverband München,
Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit,
IPPNW,
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München,
medico international,
MERA25 Bayern,
pax christi Diözesanverband München und Freising
internationalen Aktivist:innen.


Benefizkonzert "Make Freedom Ring", 30.11.2025

Datum: 30.11.2025
Beginn: 11:00 Uhr
Ort: Münchner Künstlerhaus, Lenbachplatz 8, 80333 München

Nothilfe für Gaza

Menschenrechte für alle heißt auch: Menschenrechte für Palästinenser:innen. Diesen Grundsatz verteidigt das Kollektiv „Make Freedom Ring“, dass seine internationale Konzertreihe nun zum dritten Mal in München fortsetzt.
Seit Anfang Oktober ist ein sogenannter Friedensplan in Kraft getreten, der mit einem gerechten Frieden wenig zu tun hat. Statt einer Perspektive auf Freiheit und Selbstbestimmung wird der Status quo zementiert. Ohne Gerechtigkeit aber kann kein Frieden entstehen. Solange die Besatzung fortbesteht und Palästinenser:innen das gleiche Recht auf Leben und Sicherheit verwehrt bleibt, bleibt auch der Frieden eine Illusion.

Die humanitäre Katastrophe in Gaza ist unterdessen nicht beendet. Die Enklave liegt in Trümmern, wann und wie sie wieder aufgebaut werden kann ist unklar. Um dieser fortgesetzten Zerstörung und Entmenschlichung etwas entgegenzusetzen und sich für einen gerechten Frieden einzusetzen, laden Künstler:innen und Musiker:innen zu einem klassischen Benefizkonzert im Münchner Künstlerhaus ein.

Der Erlös des Abends kommt der Nothilfe von medico international in Gaza zugute.
Weitere Informationen unter: https://www.medico.de/kampagnen/nothilfe-gaza

Auftreten werden als Redner:innen: 
Sarah El Bulbeisi (Autorin) und Kerem Schamberger (medico international). 
Es musizieren: 
Michael Barenboim, Natalia Pegarkova-Barenboim, Ingolf Turban, Johannes König, Laure Cazin, Francesca Berardi, Zurab Gvantseladze u. a.

Eintritt: € 25

Tickets erhältlich am 30.11.2025 vor Ort und im VVK online:
https://events.humanitix.com/benefit-concert-for-gaza-medico-international

Veranstaltet von "Make Freedom Ring“. 
Weitere Informationen unter https://makefreedomring.co.uk/

Aufruf zur Kandidatur bei der Kommunalwahl München im März 2026

Die Stadt München erlebt bereits seit einigen Jahren eine stark repressive Politik, die die Interessen und politische Agenda einzelner Politiker, Gruppierungen und gar fremder Staaten propagiert.
Die aktuelle Münchner Stadtpolitik weist neben Einschränkungen der Grundrechte im Zusammenhang mit palästinasolidarischen Aktivitäten auch eine Reihe weiterer Problembereiche auf.
Die stark lobbyorientierte Politik der derzeitigen Stadtregierung geht zulasten sozialer Strukturen :
Wir sehen zunehmende Privatisierungstendenzen im Gesundheitswesen sowie die Kürzung oder Einstellung von Fördermitteln für soziale und kulturelle Projekte. Gleichzeitig empfinden viele Bürgerinnen und Bürger die Lebenshaltungskosten in München als stetig steigend, was den Alltag für zahlreiche Menschen zunehmend belastend und schwer planbar macht.
Auch sicherheits- und aussenpolitisch zeigt sich eine höchstproblematische Ausrichtung im derzeitigen Münchner Stadtrat. Diese problematische Prioritätensetzung ist nicht mit einer kommunalen Politik im Dienste der Bürger vereinbar.

Um dieser Politik entgegenzutreten, hat sich die Münchner Liste für Frieden und Gerechtigkeit gegründet. Im März 2026 möchte sie zur Kommunalwahl in München antreten. Wir laden alle Interessierten dazu ein, der Münchner Liste für Frieden und Gerechtigkeit beizutreten und sich als Listenkandidaten zur Wahl aufzustellen.

Die Kommunalwahl findet nur alle 6 Jahre statt - ein unverändertes Festhalten an der bisherigen Linie für weitere sechs Jahre würde katastrophale Folgen für die Entwicklung der Stadt, die Lebensqualität und die Grundrechte ihrer Bewohner*innen haben.

Es ist Zeit, das Ruder herumzureißen.

Die MFG fordert ein München,
• in dem Wohnen, Gesundheit, Mobilität und Kultur für alle zugänglich sind,
• in dem das Gemeinwohl über privatem Profit steht,
• in dem Frieden und soziale Gerechtigkeit Leitlinien der Politik sind – nicht Kriegslogik, Kürzungen und Repressionen.

In der Münchner Liste für Frieden und Gerechtigkeit engagieren sich Menschen aus Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und der Friedensbewegung, migrantischen Gemeinden, der Menschenrechtsszene, Kultur – und aus der Nachbarschaft.
Die MFG freut sich über jeden, der sich für diese Werte einsetzen möchte.

Rechtliche Voraussetzungen zur Kandidatur

Wahlberechtigt sind alle, die die deutsche oder eine EU-Staatsangehörigkeit besitzen, ihren Hauptwohnsitz seit mindestens 6 Monaten in München haben, und am Wahltag (8. März 2026) mindestens 18 Jahre alt sind.
Wer kandidieren möchte, muss eine Einverständniserklärung zur Aufnahme in den Wahlvorschlag unterschreiben und am Wahltag seit mindestens drei Monaten in der Landeshauptstadt München eine Wohnung haben, die nicht die Hauptwohnung sein muss.

Die Aufstellungsversammlung findet statt am
Samstag, 29. November 2025, 11–16 Uhr, im KommTreff, Holzapfelstr. 3.
Dort werden alle Kandidat:innen formal gewählt.
Wer nicht persönlich teilnehmen kannt, kann eine schriftliche Zustimmungserklärung einreichen (Formblatt nach Bayerischem Kommunalwahlgesetz). Diese kann angefordert und unterschrieben eingereicht werden.

Kontakt zur MFG:
mfg.liste@posteo.de


Buchvorstellung "Die radikale jüdische Tradition" von Donny Gluckstein & Janey Stone

Datum: Montag, 24.11.2025
Uhrzeit: 20:00 Uhr
Ort: Glitch Bookstore, Barer Str. 70, 80799 München

“Die radikale jüdische Tradition” - Buchvorstellung mit Janey Stone & Thomas Weiß
Moderation: Suzanna Treumann

Die Diskussion über die israelische Kriegs- und Besatzungspolitik in Palästina, über Antisemitismus sowie dem Umgang mit beidem prägen die linke und politische Debatte schon länger.

Vor diesem Hintergrund beleuchtet das nur in deutscher Übersetzung erschienene Buch von Donny Gluckstein und Janey Stone die radikalen und sozialistischen Traditionslinien der jüdischen Arbeiter*innenbewegung.

Zugleich widerspricht es insbesondere in Deutschland weitverbreiteten GLeichsetzung von Judentum und Israel, sowie von Antizionismus und Antisemitismus.

Als antizionistische und jüdische Sozialisten plädieren die beiden Autor*innen für den Anschluss an die revolutionäre Tradition der jüdischen Linken.



Aufruf zur Demo: "Gemeinsam gegen Rassismus und Spaltung", 02.11.25 am Odeonsplatz

Die JPDG freut sich, als Bündnispartner an der Demo teilzunehmen:
Gemeinsam gegen Rassismus und Spaltung

Datum: So., 02.11.
Uhrzeit: 15:00
Ort: Odeonsplatz

 Friedrich Merz bezeichnet Migrant:innen als „Problem im Stadtbild“. Dieser Satz zeigt, wie rassistisch er denkt und Politik macht. Menschen werden aufgrund ihres Aussehens als kriminell und weniger wert dargestellt – wer nicht in sein „weißes“ Stadtbild passt, wird zum Feindbild gemacht. Das ist biologischer Rassismus.

 Der Bundeskanzler grenzt damit Menschen aus, die hier leben und Familien haben, und spricht ihnen das Recht ab, sichtbar zu sein. Es geht Merz nicht um Sicherheit und Schutz von Frauen. Seine Worte normalisieren eine Politik, die die Menschen in zwei Gruppen spaltet – Privilegierte und Entrechtete. Seine Worte befeuern rechtsextremen Hass und Gewalt. Und sie lenken ab: von seiner Politik, die soziale Ungleichheit und Armut verschärft, statt sie zu bekämpfen.

 Doch wir lassen uns nicht spalten! Wir stehen solidarisch zusammen – für eine Gesellschaft der Vielfalt, Gerechtigkeit und Würde.

Kommt zur Kundgebung am 02.11. um 15 Uhr am Odeonsplatz

Einladung zur Kundgebung "Waffenlieferungen an Israel? Nicht in meinem Namen!", 28.10.2025

Waffenlieferungen an Israel? Nicht in meinem Namen! Für einen echten Waffenexportstopp.

 Datum: Dienstag, 28.10.2025
Urhzeit: 18 Uhr
Ort: Sendlinger-Tor-Platz, München.

Eine Kundgebung mit Poesie, Musik und Reden u.a. von:
Susanne Weipert, Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!
Dr. Fairouz Qasrawi, Decolonial Scholars

Einige Schilder stehen bereit. 

Die Kundgebung wird organisiert von Amnesty International Deutschland Bezirk München & Oberbayern, DFG-VK Landesverband Bayern, Die Linke Kreisverband München, Frauen in Schwarz (München), Fridays for Future München, Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, IPPNW, Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München, medico international, MERA25 Bayern, pax christi Diözesanverband München und Freising sowie internationalen Aktivist:innen.

 https://www.instagram.com/p/DQGh8kTiGJs/?igsh=OTRrcDIxa292NW1p

Statement der Jüdisch-Palästinensischen Dialoggruppe München zum sogenannten „Friedensplan“ von Donald Trump für Gaza

Der sogenannte „Friedensplan“ von Donald Trump ist kein Friedensplan – er ist ein Zynismuspapier. Er sichert keine Gerechtigkeit, keinen Frieden und keine Sicherheit für die Palästinenserinnen und Palästinenser – er zementiert die Gewalt der Machtverhältnisse.

Von den Palästinensern wird verlangt, alle Waffen abzugeben, während Israel – ein Staat, der vor dem Internationalen Gerichtshof wegen des Verdachts des Völkermordes in Gaza angeklagt ist – seine militärische Stärke uneingeschränkt behalten darf. Das ist keine Sicherheitsarchitektur, das ist koloniale Logik.

Eine sogenannte „Sicherheitszone“ soll Gaza noch weiter entmachten und ausschließlich Israel Sicherheit garantieren – in Wahrheit wäre sie keine Sicherheitszone, sondern ein Instrument, um sicherzustellen, dass Israel weiterhin seinen Stiefel auf Gaza hält. Wenn dieser Plan wirklich fair wäre, müsste diese Zone auf israelischem Gebiet liegen, nicht auf palästinensischem Land.

Das Westjordanland wird in diesem „Plan“ nicht einmal erwähnt, obwohl der Internationale Gerichtshof längst bestätigt hat, dass die israelische Besatzung dort illegal ist. Dieses Schweigen ist kein Zufall, sondern Kalkül – es dient der Normalisierung einer dauerhaften Besatzung und dient dem eigentlichen Vorhaben der völligen Annexion der Westbank.

Dass Gaza unter Tony Blair „verwaltet“ werden soll, bedeutet nichts anderes als die Fortsetzung der Entmündigung. Wieder sollen westliche Politiker über das Leben von Palästinenserinnen und Palästinensern entscheiden – ohne sie zu fragen, ohne ihnen das im Völkerrecht verbriefte Recht auf Selbstbestimmung zuzugestehen. Dabei waren es einst die Briten, die Palästina kolonial besetzten und damit den Grundstein für das heutige Unrecht legten – eine koloniale Tradition, an die Tony Blair nun nahtlos anknüpfen würde.

Die Hamas soll ins Exil geschickt werden, während kein Wort über die israelische Regierung fällt – eine Regierung, die für Kriegsverbrechen, Vertreibungen und kollektive Bestrafung verantwortlich ist. Wieder wird nur von „Sicherheit für Israel“ gesprochen, niemals von Sicherheit für Palästina.

Dieser sogenannte Friedensplan ist nichts anderes als der Versuch, den Status quo der Unterdrückung zu legalisieren. Er garantiert ausschließlich die Fortsetzung israelischer Privilegien – die totale Kontrolle über Gaza, die Demütigung der Palästinenser, die Aufrechterhaltung einer ungerechten Ordnung.

Er widerspricht dem internationalen Recht, der UN-Charta und jedem moralischen Kompass.

Wenn ein solcher Plan gefeiert wird – als „legitim“, „realistisch“ oder gar „hoffnungsvoll“ –, dann zeigt das, wie tief unsere moralische Verkommenheit bereits reicht. Ein Frieden, der auf Unterwerfung beruht, ist kein Frieden.

Wir sagen klar:
Es kann keinen Frieden geben ohne Gerechtigkeit, keine Sicherheit ohne Gleichberechtigung, und keine Lösung ohne die Stimme der Palästinenserinnen und Palästinenser.

Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, diesen Plan zurückzuweisen – und endlich das zu tun, was sie seit Jahrzehnten versäumt: das internationale Recht durchzusetzen und das palästinensische Volk als gleichberechtigten Partner anzuerkennen.


Foto: Forced Displacement of Gaza Strip Residents During the Gaza–Israel War 23-25 von Jaber Jehad Badwan, lizenziert unter CC BY-SA 4.0 International, via Wikimedia Commons.

Unser gemeinsames Statement mit Salam Shalom zum Abhängen der Israel-Fahne am Münchner Rathaus

Abnahme der Israelfahne am Münchner Rathaus: Überfälliges Ende einer politischen Provokation

München, 13.10.25

Die Israelfahne am Münchner Rathaus war zunächst eine Solidaritätserklärung gegenüber Israel, verkam dann aber angesichts der Kriegsverbrechen Israels zu einer politischen Provokation und einer Geschmacklosigkeit gegenüber allen palästinensischen Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt.

Zudem war das Hissen der Fahne juristisch fragwürdig: Nach Artikel 28 des Grundgesetzes sowie der Bayerischen Gemeindeordnung sind Kommunen verpflichtet, Neutralität zu wahren und dürfen sich nicht allgemeinpolitisch positionieren. Die Berufung auf die Städtepartnerschaft mit Be’er Sheva dient hier lediglich als Vorwand, um eine politische Parteinahme zu rechtfertigen.

Die Stadt München hat sich darüber hinaus über den deutlich geäußerten Willen eines großen Teils der Bürgerschaft hinweggesetzt. Statt Empathie und Zusammenhalt zu fördern, wurde gezielt polarisiert. Die Abnahme der Fahne war längst überfällig – ein Schritt hin zu mehr Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Respekt – wenn auch widerwillig und ohne erkennbare Einsicht seitens der Stadt.

Die Pressemitteilung der Stadt München zur Fahne:
Stadt holt Israel-Flagge am Rathaus ein – Landeshauptstadt München

"Waffenlieferungen an Israel? Nicht in meinem Namen!" - Kundgebung am 19.08.2025 um 18:00 Uhr

„Waffenlieferungen an Israel?  Nicht in meinem Namen!" 
Für einen echten Waffenexportstopp.

Dienstag, 19.08.2025
von 18-19 Uhr
am Sendlinger Tor Platz, München

Eine Kundgebung mit Musik, Reden und Poesie 

u.a. von
Rihm Hamdan, Palästinenserin aus München
Maria Feckl, DFG-VK Bayern

Einige Schilder stehen bereit. 

Die Kundgebung wird organisiert von Amnesty International Deutschland Bezirk München & Oberbayern @amnestymuenchen, DFG-VK Landesverband Bayern @dfgvk_bayern, Frauen in Schwarz (München), IFFF @wilpfgermany, IPPNW @IPPNWgermany, der jüdisch-palästinensischen Dialoggruppe München, internationalen Aktivist:innen, sowie Die Linke Kreisverband München @linke.muc und MERA25 Bayern @mera25.bayern. 

 

Einladung zu Filmvorführung & Gespräch: "From Ground Zero" - 30.09.2025, Rio Palast München

FROM GROUND ZERO
Film und Gespräch
Rio Filmpalast, Rosenheimer Str. 46, 81669 München
30. September 2025, 20:00 bis 22:00 Uhr
Tickets über Rio Filmpalast: Spielzeiten | From Ground Zero | NEO Kinos München

FROM GROUND ZERO ist eine Kompilation mit 22 Kurzfilmen von Regisseur*innen aus Gaza. Gedreht zwischen Dezember 2023 und März 2024 fangen die drei- bis sechsminütigen Kurzfilme individuelle Perspektiven aus Gaza ein. Mit einem Genremix aus Spielfilm, Dokumentarfilm, Doku- Fiktion, Animation und experimentellem Kino präsentiert FROM GROUND ZERO eine Vielfalt an Geschichten über Trauer, Überlebenswillen, Freude und Hoffnung, die dem Leben in Gaza innewohnen. Das Projekt wurde von dem international renommierten palästinensischen Filmemacher Rashid Masharawi ins Leben gerufen.

Das Filmscreening wird begleitet von einem Gespräch mit dem Filmkurator Rashid Masharawi (angefragt) und Irit Neidhardt von Mec Filmverleih. Moderiert von Dr. Imad Mustafa (Medico International e.V.)

 FROM GROUND ZERO
Dokumentar-/Kompilationsfilm
Palästina/Frankreich/Qatar/Jordanien 2024, 111 min, Arabisch mit dt. UT
Produktion: Masharawi Fund for Films & Filmemacher:innen in Gaza
Executive Producer: Michael Moore

Oscar-Shortlist 2025, Palästina, „Bester Internationaler Film“

Präsentiert von Amnesty International, DFG-VK München, IPPNW, Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München, medico international und FLORIDA Lothringer13.

 Mehr Infos zum Masharawi Films unter: https://www.masharawifilms.org/de/from-ground-zero/

 

Email an Bundeskanzler Friedrich Merz: "Unterstützung des Stopps von Waffenlieferungen an Israel und Forderung nach Beendigung der Repression gegen Palästina-Solidarität"

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Merz,

die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe begrüßt ausdrücklich Ihre Entscheidung, Waffenlieferungen an Israel zu stoppen.

Dieser Schritt ist nicht nur juristisch geboten – angesichts der Verfahren vor dem Internationalen Gerichtshof wegen des Verdachts der Beihilfe zu Völkermord – sondern auch eine tiefgreifende moralische Notwendigkeit. Deutschland trägt eine besondere historische Verantwortung, jede Form von Völkermord entschieden zu verhindern. Diese Verantwortung steht über politischem Kalkül, diplomatischen Zwängen oder dem Begriff der Staatsräson.

Wenn Menschenleben in großer Zahl bedroht sind, darf es keine Kompromisse geben. Die Pflicht, das Unrecht zu stoppen, wiegt schwerer als jede Bündnistreue oder strategische Erwägung. Mit Ihrer Entscheidung bekennen Sie sich zu den Grundwerten von Menschlichkeit, Rechtsstaatlichkeit und dem Schutz der Schwächsten – und erfüllen damit auch Ihren Amtseid, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden.

In diesem Zusammenhang verurteilen wir aufs Schärfste die zunehmende Polizeigewalt gegen die Palästina-Solidarität, insbesondere in Berlin. Das gewaltsame Vorgehen gegen friedliche Demonstrierende verletzt Grundrechte und schwächt das Vertrauen in den Rechtsstaat. Wir fordern, dass diese Repression umgehend beendet und das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Versammlungsfreiheit ohne Einschränkungen gewährleistet wird.

Die Mehrheit der Menschen weltweit unterstützt diesen Kurs. Die Gegner sind oft nur lauter, besser vernetzt und erhalten mehr mediale Aufmerksamkeit. Lassen Sie sich davon nicht einschüchtern – Ihr Handeln hat Rückhalt weit über Deutschlands Grenzen hinaus.

Wir ermutigen Sie, diesen Kurs mit Entschlossenheit fortzuführen und sich auch international klar für ein Ende von Gewalt und Unterdrückung einzusetzen.

"Fifty Shades of Brown!" - Rede unseres Mitglieds Abed Khalifeh auf der Demo "Stop the Genocide" (18.07.25 München)

Das Video zur Rede kann man hier ansehen:
(150) Munich has Fifty Shades of Brown - YouTube

„Fifty Shades of Brown“

Wie ihr vermutlich erfahren habt, haben diverse - offensichtlich zionistische - Organisationen zu einer Gegendemo heute aufgerufen, um – wie sie vorgaukeln, die Synagoge am Jakobsplatz vor uns mit einer Menschenkette zu „schützen“.

Angeblich hätten mehrere von uns bei vorherigen Kundgebungen dort Juden provoziert. In Wirklichkeit sind es jedoch Zionisten, die mit der israelischen Flagge auf unsere Demonstrationen kommen und von der Polizei eskortiert werden. Würde ich jetzt zum Jakobsplatz laufen, würde ich mit Sicherheit daran gehindert werden. Ich würde jedoch gerne dorthin gehen, um mit unseren jüdischen Mitstreitern, die hier mit uns sind, in der Synagoge für ein Ende des Genozids zu beten.

Zu der Gegen-Demo aufgerufen haben: der Verein „München ist “Bunt‘“, mit im Boot sind - die vermutlichen Drahtzieher - DIG München, die Motorradgruppe „Kuhle Wampe“, welche sich als Antifaschisten ausgibt, mit dieser Aktion jedoch die faschistische Regierung dieses Kolonialstaats unterstützt. Auch dabei sind „Omas gegen Rechts“. Ich frage euch, liebe Omas, seid ihr tatsächlich gegen rechts, oder eher diejenigen, die damals als Kinder in der HJ marschiert sind und hinterher behauptet haben „wir haben es nicht gewusst“? Glaubt ihr mit der Unterstützung eines weiteren Genozids, euch von den Verbrechen eurer Elterngeneration freikaufen zu können?

Meine Rede richtet sich heute an diese genannten Verleumder und Hetzer.
Liebe München ist "Bunt“-Akteure, lieber Herr Krause und liebe Zionisten- und Faschisten-Freunde, welche zur Gegendemo aufgerufen haben! Mit eurem Theaterstück „Schützt unsere Synagoge – Menschenkette gegen Antisemitismus“ geht es euch offensichtlich nicht um den Schutz von Juden und Jüdinnen, sondern ausschließlich darum, berechtigte Kritik am rassistischen, kolonialen Zionismus mit Antisemitismus zu vermischen – dies, um eine zionistische Agenda durchzusetzen, welche auf ethnische Säuberung Palästinas abzielt.
Ihr schürt Ängste, basierend auf Lügen, obwohl ihr genau wisst, dass AntizZionismus nichts mit Antisemitismus zu tun hat.

M e h r n o c h:
Zionisten sind die wahren Antisemiten. Ich erinnere an den frühen Zionisten Arthur Ruppin. Ruppin war einer der führenden Köpfe der zionistischen Bewegung und Mitbegründer der Hebräischen Universität in Al-Quds / Jerusalem. Er klassifizierte Juden in einem rassistischen und biologistischen Sinne. Er glaubte, dass bestimmte „Typen“ von Juden gesünder, produktiver oder kulturell wertvoller seien als andere.
Dabei stufte er orientalische Juden - also die semitischen unter den Juden – auf den vorletzten Rang ein, jemenitische Juden belegten den untersten Platz. Nichtsemitische, also „weiße“, europäische Juden hingegen setzte er an die Spitze. Diese sollten auch bei der Kolonialisierung Palästinas Vorrang haben.
Was ist demnach rassistischer, menschenverachtender und antisemitischer als Zionismus? Das Werk dieses Rassisten heißt „Soziologie der Juden“ (erschienen 1931).

Obwohl Herr Krause, „München ist bunt“ und ihre Komplizen genau wissen, dass viele Juden und Jüdinnen mit uns hier – Arm in Arm – gegen ethnische Säuberung und Genozid demonstrieren, inszenieren sie ein Theaterstück, als wären Juden und die Synagoge in München gefährdet. Liebe genannte Unterstützer der Kriegsverbrechen:

Ihr macht euch bewusst an einem Völkermord mitschuldig – und das Ganze hinterhältig unter dem Deckmantel von „Bunt“ und „Schutz der jüdischen Minderheit“. Hierbei missbraucht ihr jüdisches Leben in Deutschland als Vorwand, um gegen das Pro-Palästina-Lager - also all diejenigen, die gegen Genozid und zionistische Kriegsverbrechen protestieren, zu hetzen. Ihr missbraucht den Antisemitismus für eure Agenda und schadet damit dem Kampf gegen Judenhass, der durchaus existiert in diesem Land – jedoch gewiss nicht im Pro-Palästina-Lager.
Nichts, absolut nichts habt ihr aus der braunen Geschichte dieses Landes gelernt – aus der Zeit, als sich diese Stadt stolz „Hauptstadt der Bewegung“ nannte. Erneut folgt ihr einer rassistischen Ideologie – und nehmt dabei einen Völkermord billigend in Kauf. Wenn man morgen hier Muslime oder Afrikaner abtransportieren würde, würdet ihr wahrscheinlich erneut „braun“ statt „bunt“ tatenlos zusehen – und hinterher scheinheilig behaupten: „Wir haben es nicht gewusst.“ Wenn ich mir euch und eure Aktionen ansehe, schmerzt es mich zu erkennen, dass 80 Jahre Vergangenheitsbewältigung kläglich gescheitert sind. Ich fürchte, einige von euch würden selbst in einer „Zionisten-Jugend“ (ZJ) stolz marschieren.

„Pfui Deifi“, kann ich nur sagen: Ihr seid weder „gegen rechts“, noch antifaschistisch und schon gar nicht bunt – ihr seid

„Fifty Shades of Brown“!

"We are not numbers": Lesung, Film, Musik für die Stimmen der Kinder in Gaza - 27.07.25, 17:00 Uhr Gorilla Bar

“We Are Not Numbers”

Lesung, Musik, Film - Für die Stimmen der Kinder in Gaza

Datum: 27.07.25
Uhrzeit: 17.00 h
Ort: Gorilla Bar - Hirschbergstraße 23, 80634 München
Eintritt frei - Spenden und Einnahmen gehen an den Palestine Childrens Relief Fund (http://www.pcrf.net)

An diesem Abend möchten wir die Stimmen der Kinder in Gaza hörbar machen. Wir laden Sie ein, zuzuhören, mitzudenken und die Ungerechtigkeit wahrzunehmen, die es bedeutet, wenn Leben und Träume zum Privileg werden.

Programm:

17.00 Uhr:
Gonca de Haas und Tuncay Acar lesen aus: “Eine Million Drachen” (2024 Leila Boukarim & Asaf Luzon) und “We Are Not Numbers” (2019, Illustriert von Malak Mattar, Herausgeber: Lorenz Oehler, Verlag: Lenos). Musikalische Begleitung: Salma Mrabet (Oud - arabische Kurzhalslaute).

18.30 Uhr:
Kurzfilm “THE PRESENT” (Regie: Farah Nabulsi, Palästina, Katar, 2020) wird gezeigt. 

19.00 Uhr:
Austausch und Zusammensein


Die Situation in Gaza spitzt sich von Tag zu Tag immer mehr zu. Es sterben tagtäglich unschuldige Zivilist:innen. Man spricht von ca. 60.000 Toten, aber auch gleichzeitig von ca. 370.000 Vermissten. 
Was das vor allem für die betroffenen Kinder und Jugendlichen bedeutet, können wir uns hier nicht vorstellen. Die Weltöffentlichkeit sieht zu, während jeden Tag durchschnittlich 30 Kinder sterben. Sie sterben unter Trümmern oder werden von den Kugeln der Scharfschützen getroffen. Sie verbrennen an lebendigem Leibe, werden zu Vollwaisen, oder verlieren einen Großteil ihrer Familie. Die, die überleben, werden bis zum Lebensende von Traumata gezeichnet sein.
Der gesellschaftliche Diskurs ist vergiftet und ergießt sich in polarisierendem Populismus und viele fühlen sich der Hilflosigkeit ergeben, nichts tun zu können. Eine Gruppe aus dem Umfeld der Gorilla Bar in Neuhausen, bestehend aus dem Betreiber Ahmet Özkan der, Aktivistin Rihm Miriam Darwish, der Schauspielerin Gonca De Haas und dem Kulturschaffenden Tuncay Acar hat sich nun zusammengetan um jenseits der politischen Polemik denen eine Stimme zu geben, die gerade Ihre Zukunft verlieren und überhaupt nicht gehört werden: den Kindern und Jugendlichen von Palästina.


Gegendarstellung der JPDG zum Aufruf "Schützt unsere Synagoge" von München ist bunt am 18.07.2025

Für Freitag, 18.07.2025 um 18:30 Uhr, ist in München am Rindermarkt eine palästinasolidarische Demonstration angekündigt.
Die Bewegung “München ist bunt” hat daraufhin zu einer Gegendemo mit dem Aufruf “Schützt unsere Synagoge” aufgerufen. Teil der Bewegung “München ist bunt” sind prominente Münchner wie etwa Münchens 2. Bürgermeister Dominik Krause.

Anmerkung der JPDG: Die Route der Marschdemo “Stop The Genocide” führt überhaupt nicht an der Synagoge vorbei…

Die Initiative „München ist bunt“ beteiligt sich regelmäßig an öffentlichen Kampagnen, die darauf abzielen, palästinasolidarische Personen und Gruppen zu diskreditieren. Diese Aktivitäten beinhalten wiederholt den Versuch, legitime Kritik an der israelischen Regierung mit Antisemitismus gleichzusetzen, wodurch engagierte Stimmen systematisch diffamiert werden.

Die JPDG widerspricht “München ist bunt” entschieden! Hier unsere Stellungnahme:

Der Aufruf von “München ist bunt”, am 18.07.2025 öffentlich “unsere Synagoge zu schützen” wirkt zunächst wie ein Zeichen solidarischer Zivilgesellschaft. Doch bei näherem Hinsehen offenbart sich eine mehr als nur problematische Instrumentalisierung. Nicht nur wird hier pauschal eine Bedrohung durch palästinasolidarische Gruppen suggeriert, es wird auch das jüdische Leben in Deutschland als Vorwand missbraucht, um gegen eben diese Gruppen Stimmung zu machen.

Die Palästinasolidarität in Deutschland hat zu keinem Zeitpunkt jüdische Einrichtungen angegriffen oder Synagogen bedroht. Ihr Protest richtet sich gegen Kriegsverbrechen an der palästinensischen Zivilbevölkerung, gegen ethnische Säuberung und Genozid (unabhängig vom noch ausstehenden Urteil des IGH sprechen renommierte Genozidforscher wie Omer Bartov oder Raz Segal und internationale Organisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch von Genozid), sowie die völkerrechtswidrige Besatzungspolitik, gegen die Kriegsverbrechen Israels - nicht gegen Jüdinnen und Juden. Die wiederholte Gleichsetzung von Kritik an Israel mit Antisemitismus ist nicht nur faktisch falsch, sondern delegitimiert auch jüdische Stimmen, die sich kritisch zu Israels Politik äußern. Somit maßt es sich “München ist bunt” u.a. an, Juden des Antisemitismus zu bezichtigen.

Was “München ist bunt” mit diesem Aufruf betreibt, ist ein gefährliches Spiel:
Jüdische Gemeinden werden instrumentalisiert, um politische Gegner zu delegitmieren. Damit wird nicht jüdisches Leben geschützt - sondern für eine antipalästinensische Agenda vereinnahmt. Der offen zur Schau getragene Vorwurf, palästinasolidarische Demonstrationen seien eine Bedrohung für jüdische Einrichtungen, ist nicht nur unbelegt, sondern bedient ein Narrativ, in dem Palästinenser:innen pauschal als Sicherheitsrisiko gelten.

Diese Umkehrung der Realität stellt eine Form von sekundärem Antisemitismus dar: Denn wer jüdisches Leben dazu benutzt, um andere Minderheiten zu diskreditieren, instrumenatlisiert genau die Menschen, die man zu verteidigen vorgibt. Eine solche Haltung widerspricht jedem aufrichtigen Kampf gegen Antisemitismus - und auch jeder ernst gemeinten Solidarität mit den Jüdinnen und Juden.

Wer es mit Demokratie, Frieden und Menschenrechten ernst meint, sollte aufhören, jüdische Symbole in antipalästinensischer Propaganda zu missbrauchen. Statt “Schutzaktionen” mit Unterstellungen braucht es endlich offene, faire und differenzierte Debatten über den Nahostkonflikt - ohne Denkverbote, ohne Scheinmoral und ohne politischen Missbrauch von Religion.

Rede Shelly Steinberg auf der Kundgebung "Waffenlieferungen an Israel: NICHT in meinem Namen!" am 26.06.25 in München

Hier die Rede von Shelly Steinberg auf der Kundgebung “Waffernlieferungen an Israel: NICHT in meinem Namen!”
Organisatoren:
DfGVK-Bayern
Amnesty München
Frauen in Schwarz
IPPNW Germany
Wilpf
JPDG

Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens, liebe Münchnerinnen und Münchner,

Wir stehen heute hier, weil wir nicht länger schweigen wollen. Wir stehen hier, weil wir Nein sagen – Nein zu Gewalt, Nein zu Krieg, Nein zu Waffenexporten, die Tod bringen statt Sicherheit, Angst statt Gerechtigkeit, und Eskalation statt Frieden. Und wir sagen Nein zu einer Sprache, mit der diese Gewalt gerechtfertigt wird.

Deutschland liefert weiterhin Waffen an Israel – auch mitten im Krieg, auch während das humanitäre Völkerrecht mit Füßen getreten wird, auch während in Gaza zehntausende oder eher hunderttausende Menschen, darunter rund 50.000 Kinder, ihr Leben verloren haben. Das ist ein moralisches und politisches Versagen. Und es ist ein Bruch mit allem, was Deutschland aus seiner Geschichte hätte lernen müssen.

Ein Staat, der sich verteidigen will, muss sich dabei an das Völkerrecht halten. Doch was wir sehen, ist eine Besatzungspolitik, die seit Jahrzehnten systematisch Rechte verletzt, Land raubt und Leben zerstört. Was wir sehen, ist ein brutaler Genozid in Gaza und ethnische Säuberung im Westjordanland. 

Und Deutschland? Liefert weiter Waffen, schaut weg und lügt – Deutschland stellt sich wieder auf die falsche Seite der Geschichte. Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft gezogen werden! Wer Waffen liefert, macht sich zum Verantwortlichen und Komplizen dessen, was mit diesen Waffen geschieht.

Wir sagen ganz klar: Keine Waffen an eine Armee, die Völkermord begeht! Keine Waffenlieferungen an einen Staat, der das humanitäre Völkerrecht mit Füßen tritt! Wir fordern ein sofortiges Rüstungsembargo gegen Israel!

Doch damit nicht genug. In den letzten Monaten sehen wir eine gefährliche regionale Eskalation: Israel führt immer wieder gezielte Angriffe auf syrische, libanesische und iranische Gebiete durch – sei es über Luftschläge, Cyberattacken oder gezielte Tötungen. All das wird zu „Israels Recht auf Selbstverteidigung“ deklariert. Mal abgesehen davon, dass all diese Angriffe nichts mit Selbstverteidigung zu tun haben – haben all die anderen Staaten kein Recht, sich vor den aggressiven und brutalen Angriffen Israels zu verteidigen? So hat Israel beispielsweise sämtliche Waffen Syriens zerstört bzw. gestohlen - und das Magazin “Der Spiegel” betitelt dieses Vorgehen als “Vorwärtsverteidigung”.

Israel macht gar keinen Hehl aus seinen Expansionsvorhaben – es propagiert ein Großisrael, das Syrien und Libanon miteinschließt. Netanyahu hat mehrfach gesagt, dass seine Regierung den gesamten Nahen Osten umformen wird, er hat mehrfach eine Landkarte gezeigt, auf der keine palästinensischen Gebiete zu sehen waren, hohe Kommandanten des israelischen Militärs haben mehrfach öffentlich kundgegeben, ein Großisrael zum Ziel zu haben. Mehrfach hat Israel angekündigt, niemals einen palästinensischen Staat zu dulden.
Für Israels Angriffe auf den Iran gibt es überhaupt keine Rechtfertigung – Iran hat sich an alle Vorgaben der INEA gehalten. Im Gegensatz zu Israel.

Wir sagen auch hier: Das ist brandgefährlich. Jeder Angriff auf den Iran birgt die Gefahr eines Flächenbrandes, eines Krieges, der den gesamten Nahen Osten ins Chaos stürzen könnte. Und Europa? Und Deutschland? Statt zu deeskalieren, stellen sie sich einseitig hinter Israels Regierung – egal, wie provokativ und völkerrechtswidrig deren Handeln ist. Mit der Teilnahme der USA an Israels Seite und der deutschen unverbrüchlichen Solidarität mit Israel und den Waffenlieferungen scheint ein 3. Weltkrieg nicht mehr ganz unwahrscheinlich. Wieder ein Weltkrieg, an dessen Beginn Deutschland mit in erster Reihe steht.

Deutschland hat kürzlich die Umsetzung von Sanktionen der EU in Form von der Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel aufgrund Israels Menschenrechtsverletzungen verhindert! Deutschland missbraucht seine privilegierte Position in der EU, um israelische Interessen in europäische Staaten zu tragen! Es macht sich zum Lobbyisten Israels innerhalb der EU. Man kann sich nur genieren. 

Genieren kann man sich auch nur für die Sprache unserer politischen Ebene, wie wir sie schon seit Längerem hören.
Die ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock sprach im Bezug auf den Krieg in der Ukraine davon, dass man „die Russen in die Knie zwingen würde, bis sie nicht mehr aufstehen können“ – spricht so die ranghöchste Diplomatin Deutschlands???
Der nun amtierende Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich bereits mehrfach in absolut inakzeptabler Weise geäußert: Er sprach über Kinder mit Migrationshintergrund von „kleinen Paschas“, die Israelflagge bezeichnet er als „Judenfahne“ und seine letzte Unverschämtheit war es, den Angriffskrieg Israels gegen den Iran, der bereits über 675 zivile Menschenleben gekostet hat, als „Drecksarbeit“ zu bezeichnen. 
Was ist das für eine Sprache? Eine Sprache der Vernichtung, nicht der Diplomatie. Eine Sprache der Eskalation, nicht des Friedens. Eine Sprache, die ausgrenzen soll, nicht vermitteln.
Wir sagen ganz klar: So redet man nicht über Menschen, auch nicht über Gegner. So schafft man keinen Frieden – so zementiert man Krieg.

Die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern ist nicht, das Feuer anzufachen, sondern es zu löschen. Es ist ihre Pflicht, Frieden zu ermöglichen – nicht Kriege zu verlängern. Wer so redet, hat den Kompass verloren – moralisch und politisch.

Wir fordern deshalb nicht nur ein Ende der Waffenexporte an Israel und andere Kriegsparteien.
Wir fordern auch eine andere politische Kultur – eine Kultur der Verantwortung, der Menschlichkeit und des Völkerrechts. Keine Sprüche wie „Drecksarbeit“ – sondern klare, rechtsstaatliche Maßstäbe. Keine Rhetorik der Vernichtung – sondern der Deeskalation.

  • Wer Frieden will, muss vermitteln – nicht vernichten.

  • Wer Verantwortung trägt, muss sie auch übernehmen – für jedes Opfer, das mit unseren Waffen stirbt.

  • Und wer Menschenrechte ernst nimmt, kann sie nicht selektiv verteidigen.

Wer wirklich Frieden will, darf nicht weiter Öl ins Feuer gießen. Wer Frieden will, muss Waffenexporte stoppen. Wer Frieden will, muss diplomatisch handeln, muss vermitteln, nicht polarisieren. Und wer glaubt, man könne Menschenrechte selektiv verteidigen – dort ja, hier nein – hat nicht verstanden, was Menschenrechte bedeuten und hat auf dem politischen Parkett nichts verloren.

Wir kämpfen für einen gerechten Frieden. Für das Ende der Besatzung. Für das Recht auf Leben und Sicherheit – für Palästinenserinnen und Palästinenser,  für Iranerinnen und Iraner - für alle Bürgerinnen und Bürger des Nahen Ostens.  
Der Tod eines Kindes in Rafah oder Teheran ist nicht weniger schlimm als der Tod eines Kindes in Tel Aviv oder Kiew. Menschlichkeit kennt keine Nationalität!

Deshalb fordern wir:

  • Ein sofortiges Rüstungsembargo gegen Israel!

  • Ein sofortiges Ende des Völkermordes an Palästinenser*innen in Gaza!

  • Eine sofortige Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung und ethnischen Säuberung im Westjordanland!

  • Ein Ende der militärischen Eskalation gegen den Iran – und aller Provokationen, die den Nahen Osten weiter destabilisieren!

  • Eine klare Absage an kriegstreiberische Sprache – aus jedem politischen Lager!

  • Eine neue Friedenspolitik, die auf Gerechtigkeit, Diplomatie und Völkerrecht baut!

Und lasst uns jetzt noch einen kurzen  Blick auf unsere Stadt werfen, die ehemalige Hauptstadt der Bewegung:

Seit Monaten. Ohne Kontext, ohne Erklärung, ohne jede kritische Einordnung. Während in Gaza ganze Familien unter den Trümmern liegen, hängt hier einseitig Solidarität mit einer Regierung, die diesen Krieg führt.
Die Stadtverwaltung Münchens rühmt sich auch noch, Teil des Netzwerkes „Mayors for Peace“ zu sein – das ist im besten Fall nur lächerlich. Denn dieses Netzwerk hat es sich auf die Fahne geschrieben, Atomkriege zu verhindern. OB Reiter und seine Kumpanen stellen sich jedoch auf die Seite Israels, eine Atommacht, die sich jeglicher Kontrolle durch unabhängige Experten entzieht, während es die Atomanlagen Irans bombardiert. 

Wer für Frieden eintritt, muss sich klar positionieren – für das Leben, nicht für eine Seite. Für das Völkerrecht, nicht für politische Bündnistreue. Für universelle Menschenrechte, nicht für doppelte Standards.

Frieden gibt es nur mit Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit beginnt damit, dass wir aufhören, Krieg zu beliefern.

Lasst uns laut sein. Lasst uns viele sein. Und lasst uns nicht aufhören, bis Frieden möglich ist!

Keine Waffen – nirgendwo hin! Frieden jetzt!




Einladung: Prof. Ilan Pappe "Die vergessenen Palästinenser. Die Geschichte der Palästinenser in Israel.", 26.05.25 München

E i n l a d u n g

Die vergessenen Palästinenser
Die Geschichte der Palästinenser in Israel

Am 26. Mai 2025 wird der zu den „neuen israelischen Historikern“ zählende Professor Ilan Pappe aus Exeter (GB) in München sein neues Buch „Die vergessenen Palästinenser“ vorstellen.

Wir freuen uns, ihn nach seinem viel beachteten Vortrag vom September 2023 erneut in München begrüßen zu können.

Pappe ist einer der profiliertesten Wissenschaftler, der sich mit dem Nahost-Thema seit Jahrzehnten beschäftigt. Seine erstmals 2007 auf Deutsch erschienene Studie „Die ethnische Säuberung Palästinas“ zählt inzwischen zu den Standardwerken. Mit seiner Revision der „offiziellen zionistischen Geschichtsschreibung“ machte er sich in Israel allerdings nicht wenige Feinde, die ihn dann 2007 aus seiner Professorenstelle in Haifa vertrieben.
Pappe ist 1954 als Sohn einer jüdischen Familie, die in den 1930er Jahren aus Deutschland floh, in Haifa geboren. In Haifa, dem „Tel Aviv“ der Araber, leben bis heute Juden und Araber friedlicher zusammen als in anderen Städten Israels. Jedoch haben die Ereignisse vom Oktober 2023 auch hier ihre Spuren hinterlassen.

In seinem neuen Buch beschäftigt sich Ilan Pappe mit jenen Hunderttausenden Palästinensern, die als israelische Staatsbürger innerhalb der Grenzen des „jüdischen Staates“ leben und somit einen prekären Mittelweg zwischen den jüdischen Bürgern Israels und den enteigneten Palästinensern im Westjordanland und im Gazastreifen einnehmen.

Die vergessenen Palästinenser

Prof. Ilan Pappe
Vortrag und Diskussion (mit deutscher Übersetzung)
Datum: 26.05.2025. 19:00 Uhr (Einlass 18:30 Uhr)
Ort: SchlaU-Schule, Aula
Schertlinstr. 4, 81379 München
U 3 Richtung Fürstenried-West, Station Machtlfinger Straße

Eintritt frei, Spenden erbeten

Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München
Frauen in Schwarz München
Salam Shalom Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.

"Bericht über ein zerstörtes Land" von unserem Mitglied Sybille Stier

“Bericht über ein zerstörtes Land”

Wir sitzen in der Mittagssonne, in Bethlehem neben einem Orangenbaum. In der Ferne ertönt der Muezzin, von der anderen Seite hört man die Kirchenglocken der St. Nicolaus Kirche in Beit Jala, dem anderen Stadtteil Bethlehems.
Und manchmal wird die scheinbar friedliche Stimmung unterbrochen durch kurze, dumpfe Detonationen – die Einheimischen wissen es – hier werden Raketen aus dem Yemen mit israelischen Drohnen abgefangen. Militärjets durchbrechen die Luft, kurzzeitig steht alles andere still.
Die Bazarstraßen sind wie ausgestorben, die Hotels, selbst das berühmte Banksyhotel an der Mauer haben geschlossen und verwundert wird man begrüßt - „Wie schön, dass du da bist“.

Wir arbeiten hier seit Jahren, bieten Workshops an für Musiktherapie, an denen Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen und Lehrer*innen teilnehmen. Organisiert wird das Ganze von unserer Partnerorganisation „Wings of Hope for Trauma“, mit der wir von Anfang an zusammenarbeiten.

Die Situation dieses Mal ist eine völlig andere. Das Land lebt im Krieg. Es unterliegt einer ethnischen Säuberung, die durch nichts mehr zu rechtfertigen ist.

Helga Baumgarten, eine Politikwissenschaftlerin und Journalistin, die seit 1993 an der Birzeit-Universität in Ramallah unterrichtet und eine der fundiertesten Kennerinnen der politischen Situation des Nahen Ostens ist, nennt in ihrem neuen Buch „Völkermord in Gaza“ (erschienen bei ProMedia-Verlag) Zahlen, die niemand hier kennt – niemand kennen soll, weil es kaum möglich ist, nicht darauf zu reagieren.
So veröffentlichte am 12.5.25  Ocha – das United Nation Office for the Coordination of Human Affairs:
„Auf israelischer Seite wurden seit dem 7.Oktober 2023 408 Soldat*innen getötet und 2612 verletzt. In Gaza wurden 160.000 Menschen getötet, davon 16.000 Kinder, 92% zwischen 6 Monaten und 2 Jahren sind kaum mehr überlebensfähig, es gibt mittlerweile mindestens 120.000 Verletzte, 91 % leiden unter Mangelerscheinungen, 300.000 Häuser sind zerstört, 90% der Schulen und Universitäten und 70% der Krankenhäuser, die verbliebenen sind nur sehr rudimentär einsatzbereit.“

Etliche Ärzte wurden laut Human Right Watch festgenommen und in Sde Teiman festgehalten.
Sde Teiman, ursprünglich ein Militärstützpunkt, dient seit Beginn des israelischen Genozids an den Palästinenser*innen im Oktober 2023 als Internierungslager. Es hat die höchste Gefangenenzahl aller Internierungslager Israels und liegt in der Negev-Wüste, nur 29 Kilometer von der Grenze Gazas entfernt. Amnesty-Chefin Agnès Callamard erklärte, Israel habe „Hunderte palästinensischer Mitarbeiter des Gesundheitswesens aus dem Gazastreifen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgenommen“ und sagte, sie seien „Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt und in Isolationshaft gehalten worden“. So z.B. Dr. Hussam Abu Safiya. Er ist palästinensischer Arzt und Menschenrechtsverteidiger, der im Norden des Gazastreifens in Palästina lebt. Er ist Kinderarzt und Direktor des Kamal-Adwan-Krankenhauses, das im November 2024 mit nur zwei verbliebenen Ärzten eines der letzten kaum funktionierenden Krankenhäuser im Norden war. Seit Beginn des israelischen Völkermords im Gazastreifen weigerte sich der Menschenrechtsverteidiger, das Krankenhaus wie von den israelischen Streitkräften angeordnet zu räumen, aus Angst, seine Patienten im Stich zu lassen. Am 25. Oktober 2024 stürmte das israelische Militär brutal das Krankenhaus, bombardierte die Gebäude, nahm zahlreiche Patienten und das gesamte Krankenhauspersonal fest und tötete Hussam Abu Safiyas Sohn, weil sein Vater sich weigerte, das Krankenhaus zu verlassen.
Dies ist nur ein Fall von vielen.

 In der erschreckenden YouTube – Dokumentation „Kids under Fire“ wird von den wenigen verbliebenen internationalen Ärzten berichtet, wie sie gezielte Tötungen an Kindern festgestellt haben.
Und auch im sog. Westjordanland ist es heute kein Problem mehr, dass radikale Siedler in Selbstjustiz die palästinensischen Bewohner erschießen.
Vom 1.1.24 bis Mai 25 wurden 44.000 Menschen aus den Flüchtlingslagern vertrieben,
600 Menschen getötet, davon 109 Kinder, 800 Kinder wurden verletzt, viele verloren Gliedmaße.
Es gab 1800 Angriffe von Siedlern.

Ich möchte darauf hinweisen, dass Israel bis heute weder eine formale Verfassung noch ein staatliches Grundgesetz besitzt. Als quasi-verfassungsrechtliche Grundlagen gelten die Unabhängigkeitserklärung vom 14. Mai 1948 und die in den vergangenen Jahrzehnten durch die Knesset verabschiedeten so genannten „Grundgesetze“6 („Basic Laws“).
In der Unabhängigkeitserklärung hält der Staat Israel folgendes fest:

„Er (der neue Staat) wird sich der Entwicklung des Landes zum Wohle aller seiner Bewohner widmen. Er wird auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Visionen der Propheten Israels gestutzt sein. Er wird all seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht, soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen. Er wird Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur gewährleisten, die Heiligen Stätten unter seinen Schutz nehmen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen treu bleiben
Wir bieten allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden den und guter Nachbarschaft und rufen zur Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe mit dem selbständigen jüdischen Volk in seiner Heimat auf. Der Staat Israel ist bereit, seinen Beitrag bei gemeinsamen Bemühungen um den Fortschritt des gesamten Nahen Ostens zu leisten.“

Ich stoße auf Jeshajahu Leibowitz, geb.1903 in Riga, gestorben 1994 in Jerusalem, einen scharfsinnigen israelischer Naturwissenschaftler und Religionsphilosoph, der fast sechs Jahrzehnte lang an der Hebräischen Universität Jerusalem Vorlesungen hielt.
Seit 1967 beschäftigte er sich mit der Besatzung der palästinensischen Gebiete und in der Folge mit „dem zunehmenden moralischen Verfall“ in Israel. Er war ein zutiefst religiöser Mensch, der dennoch die Trennung von Staat und Religion forderte. Er scheute sich nicht, die Siedler*innen in den besetzten Gebieten und Ariel Scharon damals öffentlich als Faschisten zu bezeichnen.
Er wurde, wie so viele andere, nicht gehört.

Mittlerweile prangern etliche israelische Intellektuelle wie Moshe Zimmermann, Gideon Levy von der Zeitung Haaretz, Jeff Halper, Ilan Pappe, um nur einige zu nennen, das Vorgehen der israelischen Regierung und vor allem das Nichtreagieren der westlichen Staaten an.

Und ich möchte aussprechen, was mittlerweile tausende von Menschen denken, nein sie erwarten es: Wann reagiert die deutsche Regierung auf diesen Genozid? Ja, wir haben eine Verpflichtung, wir haben eine 60jährige, fundierte Freundschaft zu Israel. Aber in der „normalen“ Rechtsprechung werde ich der Mittäterschaft angeklagt, wenn ich einem Freund, der mordet, noch weitere Messer liefere. Die Bundesrepublik unterstützt Israel in diesem Krieg mit 30% der Waffen.

Unsere Politiker werden nicht müde, das Gebet der Staatsräson herunterzuleiern, wohlwissend, dass die unbedingt geforderte Kritik an der israelischen Regierung nichts mit Antisemitismus zu tun hat, wohlwissend auch, dass ihre Untätigkeit allerdings ein gefährliches Erstarken des Antisemitismus zur Folge hat.

Was kann ein Politiker noch verlieren außer seiner Würde – ach ja, seinen Posten. Dann sind ihm natürlich die Hände gebunden. Schade. Und menschenverachtend dazu.

Ich sitze in Bethlehem unter einem Orangenbaum und schaue zu, wie die Menschen weinen und kann nichts tun.

RÄUME ÖFFNEN! Eine Münchner Initiative von Stadtrat Thomas Lechner und Shelly Steinberg

Die Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München unterstütz die Inititative “Räume öffnen!” von Thomas Lechner und Shelly Steinberg. Dieser Aufruf richtet sich an die Münchner Zivilgesellschaft - freut sich aber auch über Unterstützung über die Münchner Stadtgrenzen hinaus.

Im Folgenden können Sie sich über die Inititative informieren. Wenn auch Sie diesen Aufruf unterstützen möchten, schreiben Sie den Intitiatoren eine Email an:
raumeoffnen@gmail.com

Offener Brief an die Zivilgesellschaft - RÄUME ÖFFNEN!

Mit großer Sorge beobachten wir die internationalen Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten hin zu einer geopolitischen Neuordnung der Welt sowie den zeitgleichen massiven Rechtsruck in bislang demokratischen Ländern wie den USA oder Argentinien, aber auch in vielen Ländern Europas inklusive Deutschlands. Wir sehen unsere Demokratie in höchster Not und Gefahr!

In Deutschland manifestiert sich dieser Rechtsruck vor allem in einer vollkommen fehlgeleiteten Debatte über Migration und Zuwanderung. Statt soziale Probleme anzupacken, verstärken die etablierten Parteien den diskriminierenden und in großen Teilen rassistischen Diskurs, der von der AfD und anderen rechtsextremen Gruppierungen vorgegeben wird. 

Das Sterben von demokratischen Strukturen beginnt dabei mit der immer häufigeren Missachtung von Menschenrechten und von internationalen Vereinbarungen, die diese absichern sollen. Erst recht beginnt sie dort, wo unsere Politiker einen Rechtsbruch offensiv ankündigen (wie das der designierte künftige Kanzler Friedrich Merz vor kurzem mit seiner Einladung an den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu ausgesprochen hat, bei der er sich über einen internationalen Haftbefehl hinwegsetzen will).

Ein zentraler Baustein dieses rapiden Wandels ist die Entwicklung im Nahen Osten, und das nicht erst seitdem Donald Trump seine menschenverachtende Vision von einem Luxus Resort am Mittelmeer in einem Video veröffentlicht hat, welches an Misanthropie und Zynismus kaum zu überbieten ist. Die in Teilen rechtsradikale Regierung in Israel hat nun angekündigt, die palästinensische Zivilbevölkerung im Gazastreifen zu vernichten, wenn sie “die Hamas nicht selbst vertreibt” und das Gebiet der Westbank genauso platt zu machen, wie das seit nunmehr eineinhalb Jahren im Gazastreifen geschieht, wo kaum noch ein Stein auf dem anderen steht und die Grundversorgung der Menschen blockiert und/oder zerstört wird.

Wie jedoch verhält sich die internationale Gemeinschaft zu den massiven Rechtsbrüchen (von Kriegs- und Menschenrechtsverletzungen) durch den Bündnispartner Israel. Wie verhält sich unsere Regierung und wie ist das auf kommunalpolitischer Ebene?

Mit Erschrecken erleben wir, wie in München Kulturveranstaltungen, Benefizkonzerte, Debatten und öffentliche Meinungskundgaben diskreditiert, kriminalisiert und teilweise verhindert werden. Es passiert genau das Gegenteil von dem, was eigentlich nötig wäre: eine offene Debattenkultur, künstlerische Interventionen, ein Zusammenrücken der Gesellschaft, Vermittlungs- und Versöhnungsangebote an Personengruppen, die besonders (direkt oder indirekt) von den Geschehnissen im Nahen Osten betroffen sind. Obwohl die Stadt München mit dem Verbot von Debatten über die BDS-Bewegung vor dem Bundesverwaltungsgericht gescheitert ist, gibt es keine erkennbare Änderung der Haltung gegenüber vielfältigen Initiativen, die einen demokratischen Diskurs einfordern. Im Gegenteil: diese werden gegängelt, behindert, eingeschränkt, bedroht und kriminalisiert. Auf die gravierenden gesellschaftlichen Probleme von Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus ist dies die falsche Antwort: tatsächlich nehmen beide laut aktuellen Umfragen rapide zu.

Obwohl z.B. pädagogische Fachkräfte schon seit langem fordern, von geschulten Fachleuten betreute offene Diskussionen unter jungen Menschen durchzuführen, unter Einbindung von Coaches und Awareness-Strukturen, klafft hier eine riesige Leerstelle. Obwohl es zahlreiche Kulturinitiativen bräuchte, werden diese meistens verunmöglicht. Obwohl eine Demokratie von öffentlichem und wertschätzendem Dialog, Austausch und Streit lebt, wird dieser nicht geführt, sondern verhindert. Und obwohl zahlreiche Personen aus dem politischen Leben beteuern, es sei kein Antisemitismus, wenn die Regierung Israels kritisiert wird, wird in der Praxis gegen nahezu jegliche israelkritische Äußerung interveniert, werden Lebensläufe von Protagonist*innen und Künstler*innen auf den Prüfstand gestellt, deren punktuelle Äußerungen in den sozialen Medien aus dem Kontext gerissen oder als Beleg für Antisemitismus gewertet, selbst wenn die Betreffenden Aussagen zurückgenommen, Posts gelöscht oder andere Klarstellungen versucht haben. Der seit Jahrzehnten andauernde Konflikt führt zu schweren Verletzungen (bis hin zu Traumata) auf beiden (!) Seiten. Es ist nachvollziehbar, dass bei diesem emotional hoch aufgeladenen Thema immer wieder auch mal unbedachte, spontane Äußerungen fallen. Es ist aber noch lange keine Unterstützung problematischer Aussagen, wenn man diese zu thematisieren versucht, um in einen Austausch zu kommen. Wer auch immer versucht, Menschen- und Kriegsrechtsverstöße der israelischen Armee zu thematisieren, muss jedoch damit rechnen, mindestens herabgewürdigt und beleidigt oder gar als „Antisemit“ abgestempelt zu werden. 

Damit wir nicht falsch verstanden werden: Natürlich hat Israel, wie jeder Staat, grundsätzlich ein „Selbstverteidigungsrecht“. Das gleiche Recht gilt aber z.B. auch für Syrien, deren Waffenbestände und Selbstverteidigungsstrukturen beim Umbruch hin zu einer neuen Regierung mal eben prophylaktisch von Israel ausradiert wurden, nach dem Motto – das Selbstverteidigungsrecht in der Region gilt nur für den Staat Israel, nicht aber für seine Nachbarländer. Kein öffentlicher Aufschrei, keine Stellungnahme dazu aus Regierungskreisen. Es ist auch keine "Selbstverteidigung" wenn Tausende von Pagern gezündet werden, unabhängig davon ob sich gerade zufällig Zivilisten (darunter viele Frauen und Kinder) in der Nähe befinden. Der Krieg im Gazastreifen verstößt permanent gegen das Kriegs(!)recht, indem er die Liquidierung der Zivilbevölkerung (bis zu 2 Millionen Menschen) mindestens als „Kollateralschaden“ in Kauf nimmt. Während Israels Selbstverteidigungsrecht international betont und als Rechtfertigung für Waffenlieferungen herangezogen wird, wird das Recht der Palästinenser auf Selbstverteidigung und Selbstbestimmung permanent missachtet und verletzt.
Diese Liste ließe sich noch ewig fortführen und gerade spitzt es sich erneut zu, weil nicht nur Lebensmittel- und Hilfslieferungen in den Gazastreifen schon wieder blockiert werden und damit eine große Hungersnot in Kauf genommen wird, sondern der Waffenstillstand einseitig gebrochen und eine neuerliche, massive Invasion im Gange ist. 

Als Begründung für die katastrophale “Toleranz” gegenüber der israelischen Kriegsführung wird in der Regel die besondere Verantwortung der Deutschen zum Schutz jüdischen Lebens angeführt. Historische Verantwortung bedeutet für uns aber auch, dass ein “Nie wieder” überall und für alle zu gelten hat und sie bedeutet, sich gegen jeden (!) Krieg und insbesondere gegen jegliche Form von Kriegsverbrechen einzusetzen. Gerade aus unserer historischen Verantwortung heraus ist es nötig, all diese Fragen in offenen und öffentlichen Diskursen zu verhandeln und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Wir nehmen diese Politik des Verschweigens nicht mehr hin und ergreifen jetzt Initiativen, um diese dringend nötigen Debatten endlich öffentlich zu führen. Wir fordern:

RÄUME ÖFFNEN
für den demokratische Dialog

RÄUME ÖFFNEN
für das Einbeziehen von Personen aus den verschiedenen Konfliktparteien

RÄUME ÖFFNEN
für einen gerechten und anhaltenden Frieden im Nahen Osten.

Mit diesem Text wenden wir uns an Einzelpersonen und Gruppen mit der Bitte, uns zu unterstützen.
In Phase 1 wollen wir diesen Brandbrief verbreiten um Unterstützer*innen für unsere Initiative zu finden.
Anschließend wollen wir bislang gecancelte als auch neue  Veranstaltungen in öffentlichen (d.h. auch in städtischen) Räumen durchführen. Wir wollen Einzelinitiativen für Kulturevents oder Diskussions- veranstaltungen gemeinsam auf die Füße stellen, damit die Diskreditierung von Personen, Initiativen und Gruppen ein Ende findet. Wir distanzieren uns nicht in vorauseilendem Gehorsam von Personen und Inhalten, sondern wir werden (mit entsprechenden Moderator*innen und Awareness-Teams) “Safer Spaces” kreieren und dafür Sorge tragen, dass Debatten wertschätzend geführt werden können, Diskriminierungen verhindert und Menschenrechte geachtet werden. Auf jeden Versuch, uns Räume vorzuenthalten oder diese Kampagne zu verhindern, werden wir juristische Antworten finden und uns unser Recht für derartige Initiativen (auch in städtischen Räumen) ggf. vor Gerichten erstreiten. Ausgehend vom Grundsatzurteil über ein BDS-Diskussionsverbot in städtischen Räumen gehen wir davon aus, dass wir auf allen Ebenen auch juristisch erfolgreich sein werden.
Man muss nicht immer mit den jeweiligen Ansichten und Themen übereinstimmen, dennoch sollte das Recht auf Meinungsfreiheit jedes Einzelnen und jeder Gruppe respektiert werden.
“Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenken” - Rosa Luxemburg.

Sobald die ersten 2-4 Veranstaltungen feststehen, werden wir diese bei einer Pressekonferenz öffentlich machen. Auf dieser werden wir dann auch die Gruppen und Einzelpersonen veröffentlichen, die unsere Initiative unterstützen.

Melde Euch bitte bei uns, wenn Ihr eine Veranstaltung plant und durchführen wollt, damit wir in dem hier entstehenden Zusammenschluss die richtige Form, den adäquaten Ort und den passenden Termin finden und anschließend veröffentlichen können.

Gegen jeden Antisemitismus, gegen muslimfeindlichen und jede andere Form von Rassismus, gegen Diskriminierung, Frauenverachtung, Homo- und Transphobie, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit!

Für ein aufrechtes und demokratisches Miteinander!

Für eine Rückkehr zur grundsätzlichen Einhaltung von Menschenrechten in all unseren Worten und Taten!

München muss das BDS-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bedingungslos einhalten und auch Veranstaltungen ermöglichen, deren Legitimität sich aus diesem Urteil in ähnlichen und weiteren Themenfeldern ableiten lassen!

Shelly Steinberg (Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München)

Thomas Lechner (parteiloser Stadtrat für DIE LINKE in München)


Ich/meine Organisation unterstützen die Initiative „Räume öffnen für den Dialog”:

 RÄUME ÖFFNEN
- für den demokratischen Dialog
- für das Einbeziehen von Personen aus den verschiedenen Konfliktparteien
- für einen gerechten und anhaltenden Frieden im Nahen Osten.

und stelle mich hinter deren Forderungen:

Gegen jeden Antisemitismus, gegen muslimfeindlichen und jede andere Form von Rassismus, gegen Diskriminierung, Frauenverachtung, Homo- und Transphobie, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit!

Für ein aufrechtes und demokratisches Miteinander!

Für eine Rückkehr zur grundsätzlichen Einhaltung von Menschenrechten in all unseren Worten und Taten!

München muss das BDS-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bedingungslos einhalten und auch Veranstaltungen ermöglichen, deren Legitimität sich aus diesem Urteil in ähnlichen und weiteren Themenfeldern ableiten lassen!

Mit der Unterzeichnung dieses Dokumentes unterstützen wir die Durchführung von Diskussionen und Debatten bei öffentlichen Veranstaltungen im Sinne der Meinungs- und Redefreiheit, ohne jedoch notwendigerweise dort ausgedrückte Sachverhalte und Positionen im Einzelnen zu teilen.

Ihr erreicht uns unter der Emailadresse: raumeoffnen@gmail.com



Rede von Shelly Steinberg bei der Biennale Bavaria International zu "No Other Land", 10.05.2025

Am 10.05.2025 wurden unsere Mitglieder Rihm M. Darwish und Shelly Steinberg eingeladen, bei der Biennale Bavaria International in Altötting den Filmpreis Saphira in der Kategorie Courage für “No other Land” stellvertretend für die Regiesseure Basel Adra und Yuval Abraham entgegenzunehmen.

Hier können Sie die Rede von Shelly Steinberg nachlesen:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich bedanke mich vielmals für die Einladung und die Ehre, hier ein paar Worte an Sie richten zu dürfen. 

Mit der Verleihung der Saphira an “No other Land” in der Kategorie Courage, hat die Jury eine sehr gute Entscheidung getroffen. 
Denn manchmal begegnet uns ein Film, der nicht nur die Augen öffnet – sondern das Herz trifft. „No Other Land“ ist ein solcher Film. Ein Werk, das dokumentiert, was hier oft nur als ferne Schlagzeile wahrgenommen wird: den Verlust von Heimat, den Mut des Widerstands und den Preis der Menschlichkeit in einem Gebiet, das wie kaum ein anderes mit historischen, politischen und religiösen Bedeutungen überfrachtet ist – das Westjordanland.

Im Zentrum dieses eindringlichen Dokumentarfilms steht nicht nur der Kampf zwischen Besatzer und Besetztem, sondern auch eine Freundschaft – zwischen Basel Adra, einem jungen palästinensischen Aktivisten, und Yuval Abraham, einem israelischen Journalisten und Filmemacher. Ihre Zusammenarbeit ist selbst ein Akt von Courage – ein Zeichen gegen die Mauer des Schweigens und der Entfremdung, ein Zeichen gegen die Entmenschlichung des jeweils Anderen.

„No Other Land“ erzählt nicht abstrakt, sondern konkret. Wir sehen, wie israelische Bulldozer palästinensische Dörfer im Südwestjordanland zerstören. Wir sehen, wie die indigene Bevölkerung vom Besatzer tyrannisiert und terrorisiert wird. Wir hören die Stimmen derjenigen, die bleiben wollen, obwohl man ihnen das Land unter den Füßen entreißt. Wir spüren den Schmerz derjenigen, für die Heimat mehr ist als ein geographischer Ort – nämlich Identität, Erinnerung und Würde.
Diese Heimatlosigkeit geschieht aber nicht zufällig. Sie ist das Ergebnis einer Politik, die unter dem Deckmantel des Sicherheitsanspruchs systematisch Land enteignet, Siedlungen ausweitet, Einwohner vertreibt und tötet und damit das Völkerrecht verletzt. Eine Politik, die Menschen in Zonen einteilt – mit unterschiedlichen Rechten, unterschiedlichen Bewegungsfreiheiten, unterschiedlichen Lebensmöglichkeiten – alle jedoch ohne Zukunft. Die Besatzung ist kein Naturzustand – sie ist politisch gewollt und moralisch und juristisch nicht zu rechtfertigen.
Der Film kritisiert diese Politik und will sich nicht länger damit abfinden, dass Unrecht mit der Flagge der Nation gerechtfertigt wird.

Und genau hier kommt auch unsere Verantwortung ins Spiel. Deutschland darf nicht schweigen. Wer aus der eigenen Geschichte gelernt hat, darf nicht wegsehen, wenn Entrechtung, Vertreibung, systematische Diskriminierung, Apartheid, ethnische Säuberung und Völkermord stattfinden, geschweige denn, sich zum Komplizen machen – auch dann nicht, wenn sie von einem engen Partner begangen werden. Im Gegenteil: Würden Sie denn einem betrunkenen Freund auch noch die Autoschlüssel in die Hand drücken? Ich denke nicht.
Wahre Solidarität zeigt sich nicht im blinden Beistand, sondern im aufrichtigen Benennen von Unrecht. Gerade wir, in Deutschland, müssen den Mut haben, differenziert und menschenrechtsbasiert zu sprechen – im Namen einer Zukunft, in der Heimat für alle möglich ist. Denn im Grunde sind es die Palästinenser, die den Preis für die Schuld, die Deutschland auf sich geladen hat, bezahlen. Das dürfen wir nicht weiter zulassen.
Wenn aber die Politik versagt, ist die Zivilgesellschaft gefragt. Die deutsche Nibelungentreue zu Israel hat uns hier im Land an einen Punkt gebracht, wo es viel Mut erfordert, sich öffentlich für die Rechte der Palästinenser auszusprechen und die Fakten zu benennen, denn jegliche Form der Unterstützung der Palästinenser wird mit Diffamierungen und Repressionen belegt - so wurden auch Basel Adra und Yuval Abraham selbst auf der Berlinale zur Zielscheibe einer solchen Diffamierungskampagne seitens deutscher Politiker und Politikerinnen, was in den rechten israelischen Medien mit Freude ausgeschlachtet wurde. Das führte wiederum dazu, dass die gesamte Familie Yuval Abrahams vom rechten Mob in Israel bedroht wurde, so dass Abraham nach der Berlinale seinen Flug von Griechenland zurück nach Israel aus Angst nicht antrat und seine Familie in Israel mitten in der Nacht von ihrem Haus an einen sicheren Ort gebracht werden musste. Deutsche Politiker haben somit mit ihren Diffamierungen das Leben der gesamten Familie Abraham gefährdet. Wie sich das mit dem vermeintlichen Anspruch, jüdisches Leben schützen zu wollen, vereinbaren lässt, ist mir schleierhaft.

Wenn wir als Zivilgesellschaft es aber nicht schaffen, uns gegen ein solch repressives Vorgehen der Politik, das in großen Teilen verfassungswidrig ist und das Internationale Recht missachtet, zur Wehr zu setzen, haben Menschen wie Rihm und ich, die sich gegen das an den Palästinensern begangene Unrecht aussprechen, hier in Bayern, in Deutschland keine Heimat mehr.

„No Other Land“ ist bedeutend, weil er uns daran erinnert, dass wahre Courage darin besteht, Unrecht zu benennen – auch wenn es unbequem ist.

Man kann nur größten Respekt haben vor dem Mut der Filmemacher; für diesen Mut müssen sie jedoch teuer bezahlen. Der Co-Regisseur Hamdan Ballal zum Beispiel wurde nach seiner Rückkehr von der Oscarverleihung gemeinsam mit anderen Palästinensern und jüdischen Friedensaktivisten von jüdischen Siedlern angegriffen und vom israelischen Militär aus dem ihn behandelnden Krankenwagen verschleppt – ohne, dass irgendjemand darüber informiert wurde, wohin. Ballal wurde zwar wieder freigelassen – aber das Wissen, dass jeglicher Widerstand umgehend bestraft wird und kein internationaler Filmpreis die Realität vor Ort ändern kann, bleibt. Und das Gefühl, von der Welt im Stich gelassen zu werden. 

Der Einsatz für die Rechte der Palästinenser ist keine politische Frage, sondern eine Frage der Moral, Menschlichkeit und eines gesunden Gerechtigkeitssinns. Daher sind wir ALLE gefragt!

In einer Welt, in der Heimat zerstört wird, ist Courage unser letztes Zuhause. Und Schweigen ist keine Option.

Vielen Dank.