Hier die Rede von Shelly Steinberg auf der Kundgebung “Waffernlieferungen an Israel: NICHT in meinem Namen!”
Organisatoren:
DfGVK-Bayern
Amnesty München
Frauen in Schwarz
IPPNW Germany
Wilpf
JPDG
Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens, liebe Münchnerinnen und Münchner,
Wir stehen heute hier, weil wir nicht länger schweigen wollen. Wir stehen hier, weil wir Nein sagen – Nein zu Gewalt, Nein zu Krieg, Nein zu Waffenexporten, die Tod bringen statt Sicherheit, Angst statt Gerechtigkeit, und Eskalation statt Frieden. Und wir sagen Nein zu einer Sprache, mit der diese Gewalt gerechtfertigt wird.
Deutschland liefert weiterhin Waffen an Israel – auch mitten im Krieg, auch während das humanitäre Völkerrecht mit Füßen getreten wird, auch während in Gaza zehntausende oder eher hunderttausende Menschen, darunter rund 50.000 Kinder, ihr Leben verloren haben. Das ist ein moralisches und politisches Versagen. Und es ist ein Bruch mit allem, was Deutschland aus seiner Geschichte hätte lernen müssen.
Ein Staat, der sich verteidigen will, muss sich dabei an das Völkerrecht halten. Doch was wir sehen, ist eine Besatzungspolitik, die seit Jahrzehnten systematisch Rechte verletzt, Land raubt und Leben zerstört. Was wir sehen, ist ein brutaler Genozid in Gaza und ethnische Säuberung im Westjordanland.
Und Deutschland? Liefert weiter Waffen, schaut weg und lügt – Deutschland stellt sich wieder auf die falsche Seite der Geschichte. Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen dafür zur Rechenschaft gezogen werden! Wer Waffen liefert, macht sich zum Verantwortlichen und Komplizen dessen, was mit diesen Waffen geschieht.
Wir sagen ganz klar: Keine Waffen an eine Armee, die Völkermord begeht! Keine Waffenlieferungen an einen Staat, der das humanitäre Völkerrecht mit Füßen tritt! Wir fordern ein sofortiges Rüstungsembargo gegen Israel!
Doch damit nicht genug. In den letzten Monaten sehen wir eine gefährliche regionale Eskalation: Israel führt immer wieder gezielte Angriffe auf syrische, libanesische und iranische Gebiete durch – sei es über Luftschläge, Cyberattacken oder gezielte Tötungen. All das wird zu „Israels Recht auf Selbstverteidigung“ deklariert. Mal abgesehen davon, dass all diese Angriffe nichts mit Selbstverteidigung zu tun haben – haben all die anderen Staaten kein Recht, sich vor den aggressiven und brutalen Angriffen Israels zu verteidigen? So hat Israel beispielsweise sämtliche Waffen Syriens zerstört bzw. gestohlen - und das Magazin “Der Spiegel” betitelt dieses Vorgehen als “Vorwärtsverteidigung”.
Israel macht gar keinen Hehl aus seinen Expansionsvorhaben – es propagiert ein Großisrael, das Syrien und Libanon miteinschließt. Netanyahu hat mehrfach gesagt, dass seine Regierung den gesamten Nahen Osten umformen wird, er hat mehrfach eine Landkarte gezeigt, auf der keine palästinensischen Gebiete zu sehen waren, hohe Kommandanten des israelischen Militärs haben mehrfach öffentlich kundgegeben, ein Großisrael zum Ziel zu haben. Mehrfach hat Israel angekündigt, niemals einen palästinensischen Staat zu dulden.
Für Israels Angriffe auf den Iran gibt es überhaupt keine Rechtfertigung – Iran hat sich an alle Vorgaben der INEA gehalten. Im Gegensatz zu Israel.
Wir sagen auch hier: Das ist brandgefährlich. Jeder Angriff auf den Iran birgt die Gefahr eines Flächenbrandes, eines Krieges, der den gesamten Nahen Osten ins Chaos stürzen könnte. Und Europa? Und Deutschland? Statt zu deeskalieren, stellen sie sich einseitig hinter Israels Regierung – egal, wie provokativ und völkerrechtswidrig deren Handeln ist. Mit der Teilnahme der USA an Israels Seite und der deutschen unverbrüchlichen Solidarität mit Israel und den Waffenlieferungen scheint ein 3. Weltkrieg nicht mehr ganz unwahrscheinlich. Wieder ein Weltkrieg, an dessen Beginn Deutschland mit in erster Reihe steht.
Deutschland hat kürzlich die Umsetzung von Sanktionen der EU in Form von der Aussetzung des Assoziierungsabkommens mit Israel aufgrund Israels Menschenrechtsverletzungen verhindert! Deutschland missbraucht seine privilegierte Position in der EU, um israelische Interessen in europäische Staaten zu tragen! Es macht sich zum Lobbyisten Israels innerhalb der EU. Man kann sich nur genieren.
Genieren kann man sich auch nur für die Sprache unserer politischen Ebene, wie wir sie schon seit Längerem hören.
Die ehemalige Außenministerin Annalena Baerbock sprach im Bezug auf den Krieg in der Ukraine davon, dass man „die Russen in die Knie zwingen würde, bis sie nicht mehr aufstehen können“ – spricht so die ranghöchste Diplomatin Deutschlands???
Der nun amtierende Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich bereits mehrfach in absolut inakzeptabler Weise geäußert: Er sprach über Kinder mit Migrationshintergrund von „kleinen Paschas“, die Israelflagge bezeichnet er als „Judenfahne“ und seine letzte Unverschämtheit war es, den Angriffskrieg Israels gegen den Iran, der bereits über 675 zivile Menschenleben gekostet hat, als „Drecksarbeit“ zu bezeichnen.
Was ist das für eine Sprache? Eine Sprache der Vernichtung, nicht der Diplomatie. Eine Sprache der Eskalation, nicht des Friedens. Eine Sprache, die ausgrenzen soll, nicht vermitteln.
Wir sagen ganz klar: So redet man nicht über Menschen, auch nicht über Gegner. So schafft man keinen Frieden – so zementiert man Krieg.
Die Aufgabe von Politikerinnen und Politikern ist nicht, das Feuer anzufachen, sondern es zu löschen. Es ist ihre Pflicht, Frieden zu ermöglichen – nicht Kriege zu verlängern. Wer so redet, hat den Kompass verloren – moralisch und politisch.
Wir fordern deshalb nicht nur ein Ende der Waffenexporte an Israel und andere Kriegsparteien.
Wir fordern auch eine andere politische Kultur – eine Kultur der Verantwortung, der Menschlichkeit und des Völkerrechts. Keine Sprüche wie „Drecksarbeit“ – sondern klare, rechtsstaatliche Maßstäbe. Keine Rhetorik der Vernichtung – sondern der Deeskalation.
Wer Frieden will, muss vermitteln – nicht vernichten.
Wer Verantwortung trägt, muss sie auch übernehmen – für jedes Opfer, das mit unseren Waffen stirbt.
Und wer Menschenrechte ernst nimmt, kann sie nicht selektiv verteidigen.
Wer wirklich Frieden will, darf nicht weiter Öl ins Feuer gießen. Wer Frieden will, muss Waffenexporte stoppen. Wer Frieden will, muss diplomatisch handeln, muss vermitteln, nicht polarisieren. Und wer glaubt, man könne Menschenrechte selektiv verteidigen – dort ja, hier nein – hat nicht verstanden, was Menschenrechte bedeuten und hat auf dem politischen Parkett nichts verloren.
Wir kämpfen für einen gerechten Frieden. Für das Ende der Besatzung. Für das Recht auf Leben und Sicherheit – für Palästinenserinnen und Palästinenser, für Iranerinnen und Iraner - für alle Bürgerinnen und Bürger des Nahen Ostens.
Der Tod eines Kindes in Rafah oder Teheran ist nicht weniger schlimm als der Tod eines Kindes in Tel Aviv oder Kiew. Menschlichkeit kennt keine Nationalität!
Deshalb fordern wir:
Ein sofortiges Rüstungsembargo gegen Israel!
Ein sofortiges Ende des Völkermordes an Palästinenser*innen in Gaza!
Eine sofortige Beendigung der völkerrechtswidrigen Besatzung und ethnischen Säuberung im Westjordanland!
Ein Ende der militärischen Eskalation gegen den Iran – und aller Provokationen, die den Nahen Osten weiter destabilisieren!
Eine klare Absage an kriegstreiberische Sprache – aus jedem politischen Lager!
Eine neue Friedenspolitik, die auf Gerechtigkeit, Diplomatie und Völkerrecht baut!
Und lasst uns jetzt noch einen kurzen Blick auf unsere Stadt werfen, die ehemalige Hauptstadt der Bewegung:
Seit Monaten. Ohne Kontext, ohne Erklärung, ohne jede kritische Einordnung. Während in Gaza ganze Familien unter den Trümmern liegen, hängt hier einseitig Solidarität mit einer Regierung, die diesen Krieg führt.
Die Stadtverwaltung Münchens rühmt sich auch noch, Teil des Netzwerkes „Mayors for Peace“ zu sein – das ist im besten Fall nur lächerlich. Denn dieses Netzwerk hat es sich auf die Fahne geschrieben, Atomkriege zu verhindern. OB Reiter und seine Kumpanen stellen sich jedoch auf die Seite Israels, eine Atommacht, die sich jeglicher Kontrolle durch unabhängige Experten entzieht, während es die Atomanlagen Irans bombardiert.
Wer für Frieden eintritt, muss sich klar positionieren – für das Leben, nicht für eine Seite. Für das Völkerrecht, nicht für politische Bündnistreue. Für universelle Menschenrechte, nicht für doppelte Standards.
Frieden gibt es nur mit Gerechtigkeit. Und Gerechtigkeit beginnt damit, dass wir aufhören, Krieg zu beliefern.
Lasst uns laut sein. Lasst uns viele sein. Und lasst uns nicht aufhören, bis Frieden möglich ist!
Keine Waffen – nirgendwo hin! Frieden jetzt!